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AUSSTELLUNG FOTOGRAFIE
Hände, Eier, Zitronen
Barbara Probst
Ria Patricia Röder
Josef Sudek
Claus Goedicke
2. Juli 2022 — 30. Juli 2022
Hände, Eier, Zitronen
Vier Kontemplationen über Dinge
Die Ausstellung fasst vier verschiedene fotografische Positionen zusammen. Jede findet einen ganz eigenen Weg zur Betrachtung von Dingen, von Gegenständen.
Gewöhnlicherweise sprechen wir, wenn wir keine Personen oder lebende Tiere auf Bildern sehen, von Stillleben. Der Begriff des Stilllebens soll hier versuchsweise durch den Begriff Kontemplation ersetzt werden (was neben allen ernsthaften Absichten die schöne Gelegenheit bietet, sich der Pflicht zu entledigen, ein durch drei "l" entstelltes Wort benutzen zu müssen). Um zu den ernsthafteren Absichten zu kommen, soll hier gesagt sein, dass wir mit dieser Ausstellung das Hochseil zwischen dem "Reinen Sehen" und den Zuschreibungen, die wir den Elementen der sichtbaren und darstellbaren Welt verleihen, beschreiten.
Schauen wir uns Hände, Eier und Zitronen an, sehen wir das Faktische. Wir und unsere Augen sind kein unbeschriebenes Blatt. Hände, Eier und Zitronen sind da. Wir können unsere Kenntnis der Dinge nicht ausradieren. Und die Fotografie ist wie kein anderes Medium zur Beglaubigung des Gesehenen vorgesehen. Doch möglicherweise sind die Folien auf denen wir unsere Wahrnehmungen ablegen eine Art Palimpsest. Zwischen den Schichten schimmern die Sedimente des Vergangenen, des nicht mehr und des noch nicht Gewussten, neue Ebenen lagern sich ab. Vorgestern, gestern, heute, jetzt gleich, morgen und übermorgen durchdringen sich und lassen einen Kosmos entstehen, der uns nur in Teilen im Anstaunen und Anstarren begreiflich ist. Wirklichkeiten, Sehgewohnheiten, Apparate wandeln sich und der Wechsel der Standpunkte befragt die zeitgleich existierenden Ausformungen der Wahrnehmung.
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Hände, Eier, Zitronen
Vier Kontemplationen über Dinge
Die Ausstellung fasst vier verschiedene fotografische Positionen zusammen. Jede findet einen ganz eigenen Weg zur Betrachtung von Dingen, von Gegenständen.
Gewöhnlicherweise sprechen wir, wenn wir keine Personen oder lebende Tiere auf Bildern sehen, von Stillleben. Der Begriff des Stilllebens soll hier versuchsweise durch den Begriff Kontemplation ersetzt werden (was neben allen ernsthaften Absichten die schöne Gelegenheit bietet, sich der Pflicht zu entledigen, ein durch drei "l" entstelltes Wort benutzen zu müssen). Um zu den ernsthafteren Absichten zu kommen, soll hier gesagt sein, dass wir mit dieser Ausstellung das Hochseil zwischen dem "Reinen Sehen" und den Zuschreibungen, die wir den Elementen der sichtbaren und darstellbaren Welt verleihen, beschreiten.
Schauen wir uns Hände, Eier und Zitronen an, sehen wir das Faktische. Wir und unsere Augen sind kein unbeschriebenes Blatt. Hände, Eier und Zitronen sind da. Wir können unsere Kenntnis der Dinge nicht ausradieren. Und die Fotografie ist wie kein anderes Medium zur Beglaubigung des Gesehenen vorgesehen. Doch möglicherweise sind die Folien auf denen wir unsere Wahrnehmungen ablegen eine Art Palimpsest. Zwischen den Schichten schimmern die Sedimente des Vergangenen, des nicht mehr und des noch nicht Gewussten, neue Ebenen lagern sich ab. Vorgestern, gestern, heute, jetzt gleich, morgen und übermorgen durchdringen sich und lassen einen Kosmos entstehen, der uns nur in Teilen im Anstaunen und Anstarren begreiflich ist. Wirklichkeiten, Sehgewohnheiten, Apparate wandeln sich und der Wechsel der Standpunkte befragt die zeitgleich existierenden Ausformungen der Wahrnehmung.
Josef
Sudek baut aus seinen persönlichen Souvenirs und Reliquien "Labyrinthe" und Echokammern eines Lebens, das durch mehrere Epochen und zwei Weltkriege gegangen ist und sich in mehreren, wechselnden politischen Systemen behaupten musste. Wer versteht diese Kassiber heute noch?
Barbara
Probst bietet uns auf einem Tryptichon Exposure # 139 eine vieldeutige Szene. Sehen wir hier der Spurensicherung bei der Arbeit am Tatort zu oder fragt uns ein Kind, ob wir mit ihm unter dem Tisch "Schneewittchen" nachspielen wollen. Was bedeuten Tisch, Flasche, Zitrone und Krug? Ist ihr Leben, zusammen mit der Hand die sie vordem bewegt hat, erloschen? Um wie viele andere Standpunkte können wir das Tableau ergänzen?
Aus Ria Patricia
Röders Scanograms mit denen sie (und das in vollem Recht) Man Rays Rayogramme und Chistoph Schads Schadogramme zum Leben erweckt, entschweben dem untiefen Universum des Scanners Dinge wie ungesehene Planeten. Vielleicht verstehen wir es auch eher als den Inhalt aus zerborstenen Zeitkapseln, die zu Beginn der Raumfahrt ins All entlassen wurden, um ersehnten und gefürchteten außerirdischen intelligenten Wesen von unserer eigenen Existenz Zeugnis zu geben? Verstreut im All.
Claus
Goedickes Fotografien von Dingen machen unmittelbar klar, dass menschliche Existenz sich durch den Gebrauch von Gegenständen entfaltet, das wir unsere physische und geistige Existenz mit Hilfe von Dingen und Instrumenten errichten und kultivieren. Es stellt sich die Frage, ob das Betrachten von Dingen überhaupt zur Kontemplation geeignet ist oder ob uns dieses Geschehen doch immer wieder zu den Bedingungen unserer Existenz und unseren Handlungen zurückführt?
Versenken wir uns in die Bilder der vorgestellten Künstlerinnen und Künstler, finden wir uns mitten auf dem Hochseil. Leichter Wind kommt auf. Gibt es das reine Sehen, das unverstellte Schauen? Vielleicht gibt es nur das Wagnis und die Leidenschaft dafür, die Welt zu betrachten.
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