Für oqbo | raum für bild wort und ton hat Michael Bause eine Reihe von Collagen ausgewählt, die in den Jahren 2021 bis 2022 gefertigt wurden und einen Einblick in die neueste Produktion erlauben. Der Begriff Collage verbindet sich mit der künstlerischen Auseinandersetzung des Künstlers über Fragmentierung, Komplexität und Ordnung, als ein Ergebnis des Sammelns und Auswählens. In den neueren Collagen erforscht Michael Bause das Medium Papier in Kombination mit Folien. Das Collagenhafte wird im ursprünglichen Sinne des Klebebildes durch Schichtungen unterschiedlichster Stärke erweitert und bildet so eine adäquate Ergänzung zu seiner Malerei, gerade weil sich hier Bilder durch den Vorgang des Schneidens und Zusammensetzens anders konstruieren lassen.
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Auszug aus dem Text von Andreas Schlaegel zum Buch "Michael Bause Collagen 1985 bis 2022"
… "Ohne tägliche Arbeit keine Erfindung, keine Entdeckung, kein glücklicher Zufall. Selbst wenn sich die Arbeit nicht grundsätzlich an bestehenden Programmen und grundlegenden Ideen orientiert, muss sie getan werden. Das Atelier als Refugium ist dabei eine nicht zu unterschätzende Konstante, ebenso wie die Erinnerung an Gesehenes ‒ Werke von Künstler*innen ebenso wie Motive aus Zeitschriften, Bilder- oder Materialsammlungen, um sie in eine Beziehung zu bringen mit den eigenen Gedanken, sie quasi zum Tanz einzuladen. Die Freude an der Bewegung bietet dabei überraschenden Nährwert, eine emotionale Stärkung, die den Betrachtenden den Ansatz einer Idee vermittelt.
Aber ist das noch Collage? Sicher nicht im dadaistischen oder surrealistischen Sinne, in dem unterschiedliche Bildwelten unerwartet aufeinander prallen, um die Rationalität zu umgehen und dem Unbewussten freien Lauf zu lassen. Auch nicht im Sinne der Appropriation, denn die Ursprünge der von Michael Bause gewählten Motive sind selten zu erkennen; auch Remix oder Sampling greifen deshalb kaum, um sich diesen Bildern anzunähern.
In ihrer Essenz ist die Collage keine technische sondern eine erzählerische und kompositorische Erfindung, die auf die Unterbrechung jeder linearen Erzählung ausgelegt ist. Und darauf, aus den Fragmenten verschiedener, heterogener Erzählungen neue Geschichten zu erfinden, die das absurde Zusammentreffen disparater Schnipsel als Situation inszenieren. So bildet sie zwei Seiten ab: die Lust an der Zerstörung ebenso wie die Freude am Fabulieren, das aber nicht unbedingt zu einem kohärenten Ergebnis finden muss. Die Erkenntnis der Postmoderne lautet, dass die Wahrheit nur in der Summe verschiedener Erzählungen, Perspektiven und Widersprüche ans Licht treten kann und dass resultierende Disharmonien und Konflikte erst einmal ausgehalten werden müssen. So betrachtet, ließe sich behaupten, die ganze Welt sei mit der Postmoderne in ein Stadium der Collage eingetreten, die sich immer wieder in ihre Bestandteile aufzulösen droht.
Wendet man sich nun wieder den Collagen von Michael Bause zu, dann stellt sich die Frage, ob sie doch eine eigene Kohärenz schaffen und sich folglich als Form der Malerei mit anderen Mitteln betrachten lassen. Sie erweitern den malerischen Raum um die materielle Welt, aus der der Künstler für seine Collagen direkt schöpft ‒ und stellen damit den konkreten Bezug zu ihr her. So ergibt sich ein Wechselspiel, es geht hin und her, zwischen den beiden Kunstgattungen, den Ebenen der Bilder und manchmal sogar innerhalb der Ebenen, zwischen Künstler und Betrachtenden, der Welt und dem Bild von ihr. Dies zieht Betrachtende in ihren Bann und verleitet nicht dazu, sich ablenken zu lassen, sondern ganz im Gegenteil: Es lädt ein zum genauen Betrachten, zum Erforschen und dazu, sich in das Bild zu versenken, um dann der Welt neu zu begegnen."
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