paperfile #8

9. Juni 2012 — 7. Juli 2012







paperfile#8 from Christian Bilger on Vimeo.




Neu/new:
Stephan Baumkötter Köln | Eva Bernhard Berlin | Claus Goedicke Berlin | Katharina Hohmann Genf | Gisela Kleinlein Berlin | Manfred Miersch Berlin | Anja Claudia Pentrop Berlin | Carol Pilars de Pilar Düsseldorf | Hansjörg Schneider Berlin | Shinkichi Tajiri *1923 Los Angeles / † 2009 Barlo | Katrin von Lehmann Berlin | Elisabeth Vary Köln

..."Im April 2008 eröffnete die Galerie oqbo ihre Räume mit dem Projekt paperfile. Dieses greift die wesentliche Idee des Dialogs mit und über die Kunst auf und reflektiert damit ein für oqbo elementares Prinzip im Umgang mit Kunst. In zwei großen Papierschränken befinden sich mittlerweile Papierarbeiten von über 100 Künstler_Innen. Das Bemerkenswerte an diesem Projekt ist, dass viele der beteiligten Künstler eigentlich nicht grundsätzlich auf Papier arbeiten. Häufig hat man es deshalb mit Arbeiten zu tun, die aus dem Prozess ihrer individuellen künstlerischen Praxis heraus gegriffen sind: Skizzen, Studien, kleinformatige Vorarbeiten, Collagen. Aber auch klassische Zeichnungen und Fotografien befinden sich darunter. Auch wenn paperfile im Grunde ein Sammlungs- und Archivgedanke zugrunde liegt, lebt es doch von einer steten Fluktuation der aufgenommenen Arbeiten. In regelmäßigen Abständen präsentiert oqbo in den eigenen Räumen den aktuellen Stand der Künstlermappen und mit paperfile on tour etablierte sich das Projekt sogar über die Grenzen der Hauptstadt hinaus. Im Edvard-Munch-Haus Warnemünde und in Essen im Raum 3 für zeitgenössische Kunst war es bereits zu Gast und im vergangenen September gab paperfile sogar sein überaus erfolgreiches Debüt auf der Kunstmesse PREVIEW BERLIN. Sein interaktiver Charakter hob paperfile unter den meist klassischen Messepräsentationen prominent hervor. Nach dem gerade beendeten Gastspiel im Kunstraum Tosterglope kehren nun die Schränke in die Galerie zurück."... (Mascha Pöhls aus ihrem Text zu oqbo on tour, erschienen in Abulanz 5).

Mit paperfile#8 gesellen sich 13 neue, spannende Positionen zu den bereits im Papierschrank vorhandenen. Regelmäßigen Gästen ist die kommunikative Situation bei paperfile vertraut: im Zentrum des Galerieraumes stehen zwei Papierschränke, deren Schubladen die Mappen mit Werken von über hundert Künstler_Innen enthalten. Bereit, herausgenommen und betrachtet, gezeigt und kommentiert zu werden. Elisabeth Varys grandiose Blätter von starker, farblicher Intensität. ..."Aus der Tiefe schimmern die vielen Farbüberlagerungen, zeigen sich glänzend wie matt, grenzen sich selten voreinander ab, wildern stattdessen bei der Nachbarfarbe, sind Ergebnis gesteuerten Fließens."... Auf andere Weise vielschichtig - die Architekturcuts spacehopper von Hansjörg Schneider, die trotz klarer Kanten irrationale, nicht lineare Räume öffnen. Leicht und filigran entwickeln die Blätter von Stephan Baumkötter eine ebenso stille wie intensive bildliche Atmosphäre. Farbige Kreidespuren, zentriert als Häufung oder über das ganze Blatt verteilt, die in ihrer zarten Beiläufigkeit an versehentliche Abnutzungsspuren erinnern. Katharina Hohmann zeichnet entschieden, segmentierend und fast kindlich direkt mit Buntstift farbige Ort-Situationen, die Lebensthemen wie Wohnen, Zelte, Kleider variieren. Ihren kommunikativen Alltag greift Anja Claudia Pentrop auf, eine Zeichensprache voll von Icons und Emblemen. Sie selbst sagt zu ihrer Arbeit: "Ironie, Sarkasmus und Humor sind für mich wichtig, um auf der Überholspur des heutigen gesellschaftlichen Lebens kleinere und größere Vollbremsungen hinzulegen und Leistungsdruck und Tempo standzuhalten."Claus Goedicke reflektiert ebenso den Alltag. Mit den Portraits von nüchtern und unverändert in Szene gesetzten Gebrauchsgegenständen stellt er diese in traumklarer Schärfe in den Mittelpunkt. Nicht nur als Sachaufnahme aufgefasst sind die Fotografien auch im historischen Kontext des Stilllebens lesbar. Katrin von Lehman verflicht den fotografierten (Augen)blick mehrfach mit sich selbst zu massiven Materialobjekten. Carol Pilars de Pilar greift nach dem präzisen Moment durch mit der Hand gezogene, fast materiefreie Linien, durch die Silhouette, die einen Charakter umschreibt. Eva Bernhard betracht ihren Zeichnungszyklus DIE SAMMLUNG von 2012 als "DokuFiktion". Ein wesentliches Charakteristikum ihres bildkünstlerischen Ansatzes ist das Rollenspiel - das Blatt Papier als Bühne. Auch Manfred Mierschs faltbare Baupläne spielen mit dem Gedanken einer künftigen Wirklichkeit – wie wird die musterhafte Farbfeldcollage in nutzbaren Raum um gesetzt? Dagegen losgelöst von jeglicher Abbildhaftigkeit spielt Gisela Kleinlein im Bildraum mit Farbe und Form, und lässt dabei auch dem Material seinen Willen. Shinkichi Tajiri war Teilnehmer der documenta II (1959), der documenta III (1964) und auch der 4. documenta im Jahr 1968 in Kassel.1969 erhielt Tajiri die Berufung auf eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin.Tajiri beschäftigte sich ständig mit der Weiterentwicklung und dem Experimentieren mit verschiedenen Techniken. In der Fotografie hat er die Daguerreotypie wiederentdeckt. Er hat ein eigenes Offset-Druck-Verfahren namens "X-Press" entwickelt und begann zuletzt auch mit Computer-Zeichnungen zu experimentieren.