8. Februar 2012
»Wir werden die virtuelle Welt als ebenso wirklich wie unsere sinnlich erfahrbare Welt empfinden, weil sie unmittelbar dieselben Hirnregionen stimulieren
wird, die gegenwärtig noch an unsere körperlichen Sinne gekoppelt sind.«
Vor dem Hintergrund dieser fundamentalen Feststellung entfaltet
sich ein Gespräch zwischen Natur- und Geisteswissenschaften über den Menschen und seine Wahrnehmung der Welt in einer Zukunft, die sich der Vorhersehbarkeit immer mehr entzieht.
»Warum macht uns diese Verfügbarkeit globaler Informationen und Konstrukte nicht reicher? Informationen sind keine Erfahrungen! Und unsere Fähigkeit, Erfahrungen zu verarbeiten, sind begrenzt.
Für eine relevante Verarbeitung bedarf es der Befähigung zur Bildung von Hierarchien: Was ist bedeutsam für mich, was betrifft mich? In der Verfügbarkeit von allem und jedem fehlt es an Hierarchien, die über quantitative Algorithmen hinausgehen«.
Hinderk Emrich, geboren 1943, Psychiater, Psychoanalytiker und Philosoph. Von 1992-2008 Ordinarius für Psychiatrie und Psychotherapie an der
Medizinischen Hochschule Hannover. Zahlreiche Veröffentlichungen. Wesentliche Forschungsgebiete: Psychopharmakologie, Wahrnehmungspsychologie
und Systemtheorie von Psychosen, Synästhesie. Zusätzliche wissenschaftliche Interessen: analytische Philosophie des Geistes, Psychoanalyse
nach C.G. Jung, Medientheorie, Tiefenpsychologie des Films. Veröffentlichungen: Psychiatrische Anthropologie (1990), Vom Nutzen des
Vergessens (1996), Antikonvulsiva in der Psychiatrie (2000), Welche Farbe hat der Montag? Synästhesie: Das Leben mit verknüpften Sinnen (2001),
Psyche und Transzendenz (2002), Facetten der Sucht (2006).
Michael Roes, geboren 1960 in Rhede/Westfalen, aufgewachsen in Bocholt. Mehrjährige Aufenthalte im Jemen, Israel und Amerika bildeten den
Hintergrund für viele seiner Bücher, zuletzt: Die Fünf Farben Schwarz und Geschichte der Freundschaf. Im Anschluss an das Studium der Psychologie,
Philosophie und Germanistik arbeitete er als Regie- und Dramaturgieassistent an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. Ethnologische
Studien sowie längere Aufenthalte im Nahen Osten und in Amerika führten zu viel beachteten Werken. Im Jahr 2000 drehte Roes in New York
und im Jemen seinen ersten Spielfilm Someone Is Sleeping in My Pain, einen arabischen Macbeth. Derzeit ist der in Berlin lebende Michael Roes
Gastprofessor am Center for Art and Culture der Central European University in Budapest. 2006 erhielt Michael Roes den ersten Alice Salomon
Poetik Preis, weil »er als Poet, Romancier, Filmemacher und als Kundiger in der Lehre ein exzellentes und provokantes Werk hervorgebracht hat«.
Der Preis ist mit einer Alice Salomon Poetik Dozentur verbunden.