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LESUNG
| Mittwoch | Philosophische Reihe
Mittwoch 15. Mai 2024 | 19 Uhr
Rita Bischof
Georges Batailles Philosophie des Auges
Lesung zu:
Georges Bataille, Sternenesser. Verstreute Texte zur Kunst, herausgegeben, übersetzt und mit einem Essay von Rita Bischof, Brinkmann & Bose, Berlin 2023.
Bataille hatte zeitlebens ein intimes Verhältnis zum Bild, was für die Genese seines Denkens von entscheidender Bedeutung war. Schon seine frühesten Texte bezeugen, dass in seinem Denken die Anschauung stets den Vorrang vor dem Begriff besaß, das heißt, Bataille hat den Begriff des Bildes wesentlich weiter als die philosophisch-ästhetische Tradition gefasst: Er wird nicht auf die Kunst beschränkt, sondern bezieht auch das noch ein, was immer schon tabuiert worden ist und daher auch aus dem Wahrnehmungsbild der Welt ausgeschlossen wurde: das Andere, Heterogene, das Abweichende, Nichtidentische, mit einem Wort der Einspruch, wofür paradigmatisch die Kunstzeitschrift Documents (1929/30) steht.
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Lesung zu:
Georges Bataille, Sternenesser. Verstreute Texte zur Kunst, herausgegeben, übersetzt und mit einem Essay von Rita Bischof, Brinkmann & Bose, Berlin 2023.
Bataille hatte zeitlebens ein intimes Verhältnis zum Bild, was für die Genese seines Denkens von entscheidender Bedeutung war. Schon seine frühesten Texte bezeugen, dass in seinem Denken die Anschauung stets den Vorrang vor dem Begriff besaß, das heißt, Bataille hat den Begriff des Bildes wesentlich weiter als die philosophisch-ästhetische Tradition gefasst: Er wird nicht auf die Kunst beschränkt, sondern bezieht auch das noch ein, was immer schon tabuiert worden ist und daher auch aus dem Wahrnehmungsbild der Welt ausgeschlossen wurde: das Andere, Heterogene, das Abweichende, Nichtidentische, mit einem Wort der Einspruch, wofür paradigmatisch die Kunstzeitschrift Documents (1929/30) steht.
Die meisten der unter dem Titel Sternenesser veröffentlichten Texte zur Kunst fallen allerdings in Batailles Spätphase; sie wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben und ziehen sozusagen die Summe aus seiner lebenslangen Auseinandersetzung mit Kunst und anderen Bildwerken. Einige der Artikel und Essays gehören in den Umkreis der großen Monografien Lascaux und Manet, die praktisch gleichzeitig erschienen sind und beide von einem Ursprung handeln; andere sind Rezensionen von Büchern oder Debatten und bringen oft neue oder vernachlässigte Gesichtspunkte ins Spiel. Zusammengenommen – oder hinter einander gelesen – bringen sie blitzartig zur Erscheinung, worum es Bataille mit seinen kunstwissenschaftlichen Studien im Grunde ging, die Grundlegung weniger einer Ästhetik der modernen Malerei, als vielmehr einer ästhetischen Theorie der Moderne in der Malerei, die ihre Kategorien nicht aus vorgängig gegebenen philosophischen, kunstwissenschaftlichen oder sonstigen Theorien, sondern aus der Anschauung der Werke selber gewinnt. Es ist ein leidenschaftlich fragender, ein begehrender Blick, der auf die Werke fällt und einen exklusiven Zugang zu ihnen eröffnet, als ob Auge und Bild miteinander ins Gespräch kämen. Bataille kehrt in gewisser Weise die Perspektive um, er misst das Bild nicht an der Wirklichkeit, sondern zeigt, was geschieht, wenn wir beginnen, die Welt mit den Augen des Bildes zu sehen. Das unterscheidet ihn.
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